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Wirkung und Wirklichkeit

Auf was man so alles stößt, wenn man eigentlich doch nur gewisse Notizen für die Arbeit sucht… Neben längst überholten Arbeitsunterlagen finden sich zum Beispiel plötzlich auch „verlorene“ alte Texte und Notizen.

So auch folgendes Textfragment aus 2004, dessen eigentliche Herkunft ich nicht mehr weiß, das eine „Wahrnehmungspsychologische“ Folgerung aus dem Kuleschow-Effekt wagt, bei dem es ursprünglich um Filmmontage und ihre Wirkung geht:

Ende der zwanziger Jahre machte der Russe Lew Kuleschow ein klassisches Experiment. Er projizierte einige einfache Bilder — eine Schüssel mit Suppe, einen Sarg, ein Kind, das mit seinem Teddybär spielt — an die Wand und ließ jedem Bild ein ausdruckslos in die Kamera blickendes männliches Gesicht folgen. Die Betrachter dieser Bilderfolgen „entdeckten“ ein reichhaltiges Mienenspiel auf dem Gesicht des Mannes. Wenn er nach der Suppenschüssel erschien, hielten sie ihn für hungrig, nach dem Sarg dachten sie, er wäre traurig oder hätte Angst vor dem Sterben, und nach dem spielenden Kind lasen sie Liebe in sein Gesicht hinein.

Tatsächlich nehmen wir andere Menschen selten als das wahr, was sie wirklich sind; unser Bild von ihnen ist gefärbt von Erinnerungen aus der Vergangenheit. Es entstehen positive oder negative Assoziationen, die mit diesen konkreten Personen überhaupt nichts, aber alles mit unserem eigenen gedanklichen Prozess zu tun haben.

Ich sehe diesen „eigenen gedanklichen Prozeß“ allerdings als etwas komplexer oder auch unmittelbarer als nur als „Erinnerungen aus der Vergangenheit“ an. Dennoch scheint es im Grunde zu stimmen: Unser eigener innerer Kontext (und die ihm -womöglich unbewusst- implizit innewohnende Erwartungshaltung) bestimmt unsere Wahrnehmung noch stärker, als das, was wir da wahrzunehmen versuchen.

Und nun weiter mit der Arbeit 😉

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